Wer wir sind – unsere Geschichte

Ein Fünftel des FHW Teams am Tisch

Annette Siering
Vorständin FHW Neukölln

Über uns

Wir haben den Kiez schon mit Energie versorgt, als Neukölln noch Rixdorf hieß. 1911 ging unser Kraftwerk am Weigandufer 49 in Betrieb – und erzeugte zunächst Strom, später Wärme. Dank der Kraft-Wärme-Kopplung speisen wir heute sogar beides ein. Unser Kernthema aber ist Wärme, die wir sukzessive in grüne Wärme wandeln.

Seit 1995 ist die Fernheizwerk Neukölln AG in privater Hand, Hauptaktionär ist die Vattenfall Wärme Berlin AG. Derzeit versorgen wir rund 55.000 Wohnungen in Neukölln und Berlins Süden, außerdem zahlreiche Betriebe und öffentliche Einrichtungen wie das Rathaus, das Stadtbad, Schulen und Kitas. Unser Leitungsnetz wächst jährlich um 2 bis 4 Kilometer und ist aktuell insgesamt 118 Kilometer lang.

Für unsere Wärme setzen wir einen flexiblen Mix an Brennstoffen und verschiedene Techniken ein – dabei binden wir immer stärker regenerative Energien ein und reduzieren konsequent unseren CO₂-Ausstoß. Allein 70 Millionen Euro investieren wir in die Strategie 2025, unseren frühzeitigen Ausstieg aus der Steinkohle – es ist die größte Investition unserer Firmengeschichte.

Als Wärmeversorger sind wir ein wichtiger Akteur der Wärmewende und nehmen unsere Verantwortung für unser Klima sehr ernst. Auch für die Menschen in unserem Kiez machen wir uns stark – und engagieren uns auf vielen Ebenen.

Unsere Geschichte

1910: Das Werk wird gebaut

Vor den Toren Berlins wächst Rixdorf zu einer Großstadt mit mehr als 237.000 Menschen heran. Im hiesigen Bauamt ist Reinhold Kiehl der Mann der Stunde: Gemeinsam mit seinem Team realisiert er Straßen, Wohngebiete und Plätze und zieht künftige Stararchitekten wie Ludwig Mies oder Max und Bruno Taut an. Vieles entwirft Kiehl aber selbst. So das Neuköllner Rathaus, das Krankenhaus und – das Kraftwerk am Weigandufer der Berliner Kraft- und Licht (BEWAG)-AG.

1911: Mit Strom fängt alles an

Das Kraftwerk geht planmäßig in Betrieb und erzeugt Strom für die Stadt, die schon lange kein Dorf mehr ist und das nun auch im Namen kundtut: Aus Rixdorf wird Neukölln (offiziell im Januar 1912 durch die Unterschrift von Kaiser Wilhelm II.) Neues gibt es bald auch am Weigandufer: Der Abdampf, der bei der Stromerzeugung anfällt, wird erstmals als Heizwärme benutzt. Zwei Generatoren mit jeweils 1500 Kilowatt und eine Nachtmaschine mit 750 Kilowatt gehören zur Erstausstattung des Werks.

1919/20: E-Werk wird zum Heizwerk

Wärme statt Strom: Die Stadt Neukölln übernimmt die Verwaltung des Kraftwerks und rüstet es zum reinen Fernheizwerk um. Am 1. Oktober 1920 wird Berlin durch den Zusammenschluss Alt-Berlins mit den angrenzenden Gemeinden und Städten über Nacht zur weltweit drittgrößten Stadt (nach London und New York) – und Neukölln zu deren 14. Verwaltungsbezirk.

1945: Neustart nach Stunde Null

Etwa ein Drittel der Häuser Neuköllns, das dem Amerikanischen Sektor zugeteilt wird, sind im Krieg zerstört worden. Auch das Fernheizwerk wurde beschädigt. Nach dem Wiederaufbau beginnt am Weigandufer eine umfassende technische Erneuerung – und bald darauf in West-Berlin das Wirtschaftswunder.

1977: Umwandlung in eine GmbH

Das Fernheizwerk Neukölln mit seinem Streckennetz von mehr als 20 Kilometern, 186 Übergabestationen und einer Anschlussleistung von 90 MW wird in eine GmbH umgewandelt. Das Stammkapital beträgt 11,5 Mio. DM. Alleiniger Gesellschafter wird das Land Berlin. Die Entwicklung der Fernheizwerk Neukölln GmbH nimmt Fahrt auf.

1982/83: Erste Maßnahme zum Umweltschutz

Umweltschutz wird in der Bundesrepublik immer stärker thematisiert, vor allem in West-Berlin, wo die Menschen aufgrund des Mauerbaus nicht einfach ins Grüne fahren können. Bei FHW minimiert jetzt eine Elektro-Filteranlage die Staubbelastung aus den Rauchgasen der Kohlekessel. Künftig wird regelmäßig in den Umweltschutz investiert (z.B. 1990 in eine Direkt-Entschwefelungsanlage und 1996 in eine Leckageüberwachung für die Tanks).

1987/88: Gang an die Börse

Die Fernheizwerk Neukölln GmbH, die in Neukölln 360 Gebäude mit Wärme versorgt und über ein Leitungsnetz von 33 Kilometern verfügt, wird in eine Aktiengesellschaft umgewandelt und geht im folgenden Jahr an die Börse (Grundkapital 11,5 Mio. DM, ca. 5,7 Mio. Euro). Das Land Berlin gibt knapp die Hälfte seiner Anteile ab, bleibt jedoch größter Aktionär. Erst 1995 trennt sich das Land Berlin von allen seinen Anteilen. Die Bewag Aktiengesellschaft (heute: Vattenfall Wärme Berlin AG) wird Hauptaktionärin der FHW Neukölln AG – und ist es bis heute.

1999/2000: Umweltmanagement mit System

Bis zur Jahrtausendwende steigt die Anschlussleistung auf 215 MW. Die Zahl der Übergabestationen erhöht sich auf mehr als 600. Um den Umweltschutz kontinuierlich und grundlegend in die betriebsinternen Abläufe einzubeziehen, nimmt FHW Neukölln freiwillig am Eco-Management and Audit Scheme (EMAS) teil, dem Gemeinschaftssystem aus Umweltmanagement und -betriebsprüfung der EU. Ab jetzt prüft alle drei Jahre ein unabhängiger Gutachter sämtliche umweltrelevanten Vorgänge im Werk. Die erste zertifizierte Umwelterklärung erscheint bereits 2001.

2003/2004: Keine Insel mehr

Eine Verbindung zwischen dem Leitungsnetz des FHW Neukölln und dem Heiznetz Mitte der Vattenfall Wärme Berlin AG (ehem. Bewag) beendet die „Insel-Lage“ des FHW. Die Fernwärmeübergabestation wird am Neuköllner Schiffahrtskanal in Höhe Bouchéstraße errichtet. Heute stammen etwa 40 Prozent unserer Wärme aus dem Heizkraftwerk Mitte.

2006-10: Test alternativer Brennstoffe

In zwei Blockheizkraftwerken wird probeweise Pflanzenöl zur Energieerzeugung eingesetzt – doch am Ende überzeugen weder die Wirtschaftlichkeit noch die Akzeptanz des spezifischen Brennstoffs. Dagegen bewähren sich Holzpellets und werden von nun an neben Erdgas und Steinkohle in den Festbrennstoffkesseln eingesetzt. Perspektivisch sollen sie die Steinkohle ersetzen. In den folgenden Jahren werden weitere alternative Brennstoffe getestet.

2011-14: Blockheizkraftwerke für FHW

Blockheizkraftwerke erzeugen nicht nur Wärme, sondern auch Strom – und nutzen Brennstoffe somit optimal aus. Auch FHW Neukölln will verstärkt Strom und Wärme im Prozess der Kraft-Wärme-Kopplung produzieren und baut innerhalb von vier Jahren insgesamt acht Blockheizkraftwerke. Sie werden zunächst mit Erdgas- bzw. Biomethan betrieben. Gut 100 Jahre nach dem Start als E-Werk wird am Weigandufer wieder Strom ins Netz gespeist.

2014-15: Die Weichen für die Wärmewende werden gestellt

FHW macht sich fit für die Wärmewende: Ein ehemaliger Heizöltank wird zu Berlins größtem Wärmespeicher umgebaut. Eine Power-to-Heat-Anlage verwandelt ab 2015 überschüssigen Ökostrom in Kiezwärme. Und als eines der ersten deutschen Fernwärme-Unternehmen digitalisiert FHW Neukölln sein Wärmesystem: InGrid, das digitale Messystem, optimiert die Abstimmung zwischen Erzeugung und Verbrauch – das hilft, Brennstoffe, CO₂ und Geld zu sparen.

2015-19: „Reallabor Urbane Wärmewende“

Als Reallabor „Urbane Wärmewende“ wird FHW Neukölln zudem zum Gegenstand der Forschung und Vorreiter für andere: Das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) untersucht, wie Berliner Quartiere sich sozialverträglich von Kohle, Öl und Gas abwenden können. Die gemeinsame Fallstudie „Urbane Wärmewende“ identifiziert mögliche Beiträge von erneuerbaren Energien und lokalen Wärmequelle.

2020: „Strategie 2025“ wird beschlossen

Berlin plant eine Abkehr von Steinkohle als fossilem Energieträger bis zum Jahr 2030. FHW Neukölln möchte sogar noch früher raus: Bis 2025 soll keine Steinkohle mehr in die Kessel kommen. 25 000 Tonnen CO2 sollen auf diese Art jährlich eingespart werden – und bis dahin 75 Prozent der erzeugten Wärme aus Kraft-Wärme-Kopplung-Anlagen und erneuerbaren Energien stammen.

2021: „Reallabor Großwärmepumpe”

Das FHW ist einer von deutschlandweit fünf Standorten des von der Bundesregierung initiierten „Reallabor Großwärmepumpe“Bei allen fünf bestehenden Blockheizkraftwerken werden wir die Abwärme (Ladeluftkühlung) nutzen, um damit den Gesamtwirkungsgrad noch einmal zu erhöhen. Unter dem Dach des Fernwärmeverbandes AGFW erproben und erforschen wir dabei die Integration dieser Technologie in Fernwärmesysteme gemeinsam mit Forschungseinrichtungen und anderen Wärmeversorgern auf ihre Praxistauglichkeit.

Und so soll die Geschichte weitergehen.